Thomas MinderMeine Voten im StänderatKommentar schreiben

Für mich ist es nicht überraschend, dass das Parlament und auch die Öffentlichkeit nach einer PUK rufen. Der Bundesrat hat in den letzten 22 Jahren neunmal Notrecht angewendet. Das Anrufen von Notrecht ist in unserem Polit- und Staatssystem mit dem Souverän als höchster Instanz äusserst problematisch und eigentlich ein Fremdkörper. Nicht nur war der bundesrätliche Wochenend-Entscheid wenig kreativ und überhastet gefällt worden, er war ganz grundsätzlich falsch. Alle Player – Bundesrat, SNB, Parlament, Finma – haben über Jahre hinweg die Too-big-to-fail-Problematik falsch eingeschätzt und die Gefahr von zu grossen Banken für die Schweiz verniedlicht. Warnende, wie ich einer war, gab es genügend. Dass bei einem solchen, nicht nur finanzwirtschaftlichen, sondern auch politischen und institutionellen Debakel mit involviertem Notrecht nach einer PUK gerufen wird, liegt auf der Hand. Wann, wenn nicht jetzt?

Der CS-Skandal ist bekanntlich nach dem UBS-Grounding ein Déjà-vu. Bei der ersten PUK überhaupt, dem Mirage-Kauf, ging es noch um eine Kostenüberschreitung von 1,4 Milliarden. Hier, bei der CS-Rettung, sind wir bei 259 Milliarden durch SNB und Bund. Was mich bei dieser erneuten Milliarden-Staatsrettung unter Anwendung des bundesrätlichen Notrechtes fast am meisten stört, ist die Tatsache, dass wir in der Schweizer Politik zwar den Millimeter regeln wollen, jedoch den Tsunami, der auf die Schweiz zukommt, oft nicht sehen. Gerade darum wendet der Bundesrat recht häufig Notrecht an. Diese Legislatur ist diesbezüglich eine wahre Katastrophe: unzählige Covid-Notverordnungen, dann der Axpo-Notkredit und nun die CS-Rettung. Zusätzlich jagen wir viele Vorlagen im Dringlichkeitsverfahren durch unsere Räte. Ich bin als Unternehmer auch für Schnelligkeit und Entscheidungsfreudigkeit. Doch schnellen politischen Entscheidungen fehlt oft die Nachhaltigkeit. „Gouverner, c’est prévoir“ findet leider viel zu wenig statt.

Quelle und vollständiges Transkript (parlament.ch)

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